Eindrucksvolles Gedenken am Shoa-Mahnmal

Damit hatte bis Freitag niemand gerechnet. Was zunächst nur im Rahmen eines Unterrichts geplant war, entwickelte sich quasi über Nacht zu einer eindrucksvollen Gedenkveranstaltung mit mehreren hundert Teilnehmern. Anlass für die Gedenkminute in Herne war die wiederholte Zerstörung und Schändung des Shoa-Mahnmals vor dem Kulturzentrum. Vor wenigen Wochen hatten bisher Unbekannte das Denkmal mit Kunstharz und Farbe übergossen und so dauerhaft beschädigt.

Schülerinnen und Schüler des Unterrichtsprojektes „Kohlengräberland“ im 10. Jahrgang beschlossen daher in einer Schweigminute gegen die Zerstörung zur protestieren und der Opfer des Holocaust zu gedenken. Nicht zuletzt durch die Vorabberichterstattung in den Medien wurde Oberbürgermeister Horst Schiereck auf die Aktion aufmerksam. In einem offenen Brief (siehe unten) lobte der OB ausdrücklich das Engagement der Schüler und den Vorbildcharakter der Initiative. Er rief spontan alle Schulen auf, sich an der Aktion zu beteiligen. An der EFG sorgte der Aufruf des Bürgermeisters für einigen Wirbel.

Denn nun galt es binnen kurzer Zeit so viele Beteiligten wie möglich für die Aktion zu gewinnen und den Unterricht entsprechend umzuorganisieren. Also wurden Stundenpläne geändert, Gruppen gebildet und eilig auf den Weg zum Mahnmal gebracht. So trafen sich dann neben einigen interessierten Mitbürgerinnen und Mitbürgern vor allem die Schülerinnen uns Schüler des 7. bis 12. Jahrgangs der EFG vor dem Kulturzentrum. Ulrich Kind, Lehrer und Mitorganisator der Aktion, erinnerte in einer kurzen Ansprache an die Schicksale der Herner Bürger, die dem Holocaust zum Opfer gefallen waren und verurteilte den offensichtlich rechtsextrem motivierten Vandalismus.

„Offener Brief“ des Oberbürgermeisters der Stadt Herne

Sehr geehrter Herr Kind, liebe Schülerinnen und Schüler des Projektes „Mein Licht gegen das Vergessen“,

Sehr geehrte Herner Bürgerinnen und Bürger,
der feige Anschlag auf das Shoah-Mahnmal hat mich, wie viele von Ihnen, sehr erschüttert. Es handelt sich hier nicht um Vandalismus. Ich werte diese Tat als einen Angriff auf unsere Stadtgemeinschaft, auf die Werte der Demokratie. Der Anschlag trifft nicht den Stein, sondern er trifft erneut die Menschen, für die dieser Gedenkstein errichtet wurde – die Opfer der Shoah und ihre Angehörigen. Aber er trifft auch jede und jeden von uns.
Denn wir verurteilen Gewalt, Haß, Diskriminierung und Zerstörung in unserer Stadt.
Wir dürfen solche Taten deshalb nicht unkommentiert akzeptieren. Wir müssen diese Taten öffentlich verurteilen.

Ich war sicher, dass die Herner Bürgerinnen und Bürger sensibel und wach sind und sich gegen solche Angriffe wehren würden. Ich habe gehofft. Nein, ich habe es notwendigerweise erwartet, dass vor allem Jugendliche ihren Protest gegen diesen Anschlag öffentlich machen würden.
Nun also kommt diese Reaktion tatsächlich und darauf bin ich als Herner Bürger unglaublich stolz.
Ich begrüße sehr, dass gerade aus einem Schülerprojekt heraus, zu dieser Schweigeminute aufgerufen wird.

Dies ist nicht nur ein Zeichen der Bestürzung und Anteilnahme, sondern ein klares Bekenntnis: Herne sagt Ja! zum Shoah-Mahnmal. In seiner Schönheit und in seiner tiefen Symbolik als Stein der Versöhnung richtet sich das Mahnmal gegen jede Gewalt.

Dieser besondere Gedenkstein für die jüdische Gemeinde und die Opfer der Shoah aus Herne und Wanne-Eickel soll und muss deshalb auch zukünftig im öffentlichen Raum stehenbleiben.
Wenn möglich und auch sobald wie möglich, wollen wir den Stein trotz der erheblichen Schäden restaurieren. Die Untersuchungen und Test dazu laufen noch. Die Ergebnisse der Analysen stehen zum Teil noch aus.

Wie wir das Shoah-Mahnmal zukünftig aber vor häßlichen und verabscheuungswürdigen Angriffen schützen können, vermag ich derzeit nicht zu sagen. Hierüber müssen nicht zuletzt auch die politischen Gremien unserer Stadt entscheiden.

Ich bedaure zu tiefst, dass es mir am Montag aufgrund eines europäischen Treffens in Brüssels nicht möglich sein wird, an der Schweigeminute teilzunehmen.
In Gedanken werde ich bei Ihnen in Herne sein. In meiner Vertretung und auch aus persönlichem Anliegen wird Frau Bürgermeisterin Birgit Klemczak anwesend sein.

Ich bin sicher, viele von Ihnen werden sich anschließen.
Im Namen der Stadt Herne rufe ich alle Herner Bürgerinnen und Bürger, insbesondere die Schulen auf, an der Schweigeminute am Shoah-Mahnmal teilzunehmen.

Horst Schiereck
Oberbürgermeister der Stadt Herne