Erinnerungsfahrten zu Stätten des nationalsozialistischen Terrors sind seit vielen Jahren fester Bestandteil des Schulprogramms der EFG. Auch in diesem Jahr machte sich erneut eine Schülergruppe der Oberstufe auf zu einer denkwürdigen Reise nach Krakau und Auschwitz im benachbarten Polen. Schülerin Tabea Morzeck schildert davon ihre Eindrücke: Am Sonntagabend, 03. April machten sich 22 Schülerinnen und Schüler der EF und der Q1 der Erich-Fried-Gesamtschule in Begleitung zweier Lehrer auf die Reise nach Krakau im Nachbarland Polen.
Nachdem wir am Montag in den frühen Mittagsstunden unser Botel in Krakau erreichten, führte unser Weg uns zuerst in das jüdische Viertel Krakaus, in welchem wir Synagogen besichtigten und Geschichten über das Leben im Viertel lauschten. Am Dienstag fuhren wir nach dem Frühstück in die Begegnungsstätte nach Auschwitz, wo wir uns in Gruppenarbeit mit Fotos aus Auschwitz aus verschiedenen Bereichen und Zeiten auseinander setzten und die Geschichten dahinter ergründeten. Nach dem Mittagessen in der Begegnungsstätte liefen wir von der Begegnungsstätte aus zum Stammlager 1. Geleitet von unserer Gruppenleiterin Halina Swiderska durchquerten wir das Eingangstor mit dem bekannten Spruch „Arbeit macht frei“, durchwanderten das Lager auf den schottrigen Straßen und besichtigten einige ausgewählte Blöcke mit originalen Betten, Dokumenten und Bildern.
Besonders beeidruckend: Die Räume, in denen das aufbewahrt wurde, was von den Toten zurückgeblieben war. Ein Raum voller Koffer, in allen Größen und mit allen Daten der Besitzer beschriftet. Ein weiterer Raum mit ärztlichen Prothesen, Krücken und Korsetts. Ein weiterer Raum voller Schuhe in allen Größen. In einem weiteren Raum befanden sich die Kopfhaare der Getöteten. Frau Swiderska leitete diese Räume mit dem Satz „Das Folgende bedarf keiner Worte.“ ein, welchem man sich nur anschließen konnte. Den Abschluss im Stammlager machte die Besichtigung eines der verbliebenen Krematorien. Wir befanden uns erst in einem großen Raum mit Löchern in der Decke. In diesem Raum konnten auf einmal so viele Menschen getötet werden, wie Schüler an unsere Schule gehen. Durch die Löcher wurde dann das Zyklon B hineingeworfen, was ein eher grobkörniges Granulat war, wie wir in einem Raum sehen konnten. Im angrenzenden Verbrennungsteil wurden die Leichen anschließend in großen Öfen verbrannt. Die Eindrücke innerhalb des Stammlagers waren gewaltig, all das wirkte auf uns ein hinter dem doppelten Elektrostacheldraht-Zaun.
Der Mittwoch begann wieder in der Begegnungsstätte, wo wir uns die auf Video festgehaltene Geschichte von Henryk Mandelbaum ansahen und uns eingehend mit ihm beschäftigten. Mandelbaum war ein Überlebender des Sonderkommandos, dem vor der Befreiung von Auschwitz Birkenau bei einem Todesmarsch die Flucht gelang. Seine Erzählungen in dem Film waren so detailliert und so erschreckend, dass es einem oftmals den Atem nahm. Im Anschluss an das Mittagessen fuhren wir mit unserem Bus ins Vernichtungslager Birkenau. Die Führung wurde wieder von Frau Swiderska geleitet. Auf dem Turm über dem Eingangstor von Birkenau konnten wir uns ein Bild von der Größe des Lagers machen. Im Vergleich zum Stammlager war Birkenau gewaltig. Man konnte bis zum Horizont schauen und es war immer noch nicht zu Ende. Das Besichtigen der verschiedenen erhalten gebliebenen Baracken und die detaillierten Ausführungen von Frau Swiderska raubte vielen von uns die Sprache.
Wir besichtigten Kinderbaracken und hörten Geschichten über den Nazi-Arzt Josef Mengele und seine Arbeit im Lager. Wir sahen einen der Zugwagen, mit dem die Häftlinge hergebracht wurden. Wir liefen den Weg, den auch sie zu den Gaskammern gegangen sind. Und schließlich standen wir vor einem gewaltigen Kunstwerk, zum Gedenken an die Opfer errichtet, an welchem auf 13 Tafeln in 13 Sprachen die selben Worte standen: „Dieser Ort sei allezeit ein Aufschrei der Verzweiflung und der Mahnung an die Menschheit. Hier ermordeten die Nazis etwa anderthalb Millionen Männer, Frauen und Kinder. Die Meisten waren Juden aus verschiedenen Ländern Europas. Auschwitz-Birkenau 1940-1945“. An dieser Stelle beendete ich die Führung für mich selbst, die Eindrücke des hier begangenen Grauens überwältigten mich. Die Anderen besichtigten noch die zerstörten Krematorien und Räume mit Bildern der Opfer vor ihrer Zeit in Birkenau.
Den Donnerstag beschritten wir individuell in Krakau mit Spaziergängen, Shopping und gemütlichem Beisammensein in örtlichen Cafés oder am Ufer der Weichsel, bevor wir am Abend die Heimreise antraten. Die Abende in Krakau bestanden aus gemütlichem Zusammensitzen an Deck des Botels und heiterer Wolfsjagd bei dem Gesellschaftsspiel ‚Die Werwölfe vom Düsterwald‘.
Die Reise nach Auschwitz war für mich ein sehr einschneidendes Erlebnis. Man hört viel davon, was dort passiert ist. Im Geschichts-Unterricht ist es quasi DAS Thema der Schulzeit. Aber selbst einmal zu sehen und auch zu hören, was dort eigentlich passierte, ist eine vollkommen andere Erfahrung, als es nur im Unterricht durchzunehmen. Und ich würde jedem empfehlen, dort einmal hinzufahren. Denn in der heutigen Zeit, wo rechte Hetze und Fremdenfeindlichkeit wieder immer häufiger werden, dürfen wir Orte wie Auschwitz niemals vergessen. Denn Vergessen ist das Schlimmste, was wir tun können.