Schüler auf Studienfahrt in Berlin Begegnung mit Inge Deutschkron

Inge Deutschkron ist eine eindrucksvolle Frau. Die 91jährige betritt auf unsicheren Beinen den Raum der ehemaligen Blindenwerkstatt Otto Weidt in Berlin. Rund 40 Jugendliche warten dort auf ein Gespräch mit ihr als eine der letzten noch lebenden Holocaust-Zeitzeuginnen. Mit fester Stimme, fordernd, nüchtern erzählend und oft auch mit tiefsinnigem Humor stellt sich Inge Deutschkron den Fragen der jungen Leute. Heraus kommt eine Lebensgeschichte, die tief bewegt.

Als die Nazis in Deutschland an die Macht kommen, ist sie gerade einmal elf Jahr alt. Und sie muss erfahren, was es heißt eine Jüdin zu sein, obwohl ihre ganze Familie nie wirklich gläubig gewesen ist. Als gegen Ende der 30er Jahre die Verfolgungen immer brutaler werden, beschließt die Familie das Land zu verlassen. Doch nur der Vater erhält eine Ausreisegenehmigung. Inge und ihre Mutter müssen sich allein durchschlagen. Die junge Frau erhält eine Anstellung in der Blindenwerkstatt von Otto Weidt. Der sehbehinderte Unternehmer beschäftigt nicht nur eine ganze Reihe jüdischer Angestellter, er gibt ihnen auch Schutz vor dem Zugriff der Nazis, in dem er beispielsweise NS-Funktionäre besticht. Notfalls versteckt er die Verfolgten auch in einem Unterschlupf in der Werkstatt. Mit seiner Hilfe und der Unterstützung anderer Mitbürger gelingt es Inge und ihrer Mutter bis zum Kriegsende unerkannt in der Hauptstadt zu überleben. Die Jugendlichen der EFG hören gebannt zu. Fast zwei Stunden hat sich die hochbetagte Frau Zeit genommen für das Gespräch.
Die Begegnung war Teil einer zweitägigen Studienfahrt vom 19. bis 21. März 2014, organisiert vom Unterrichtsfach „Kohlengräberland“ unter Beteiligung des Gesellschaftslehreunterrichtes der Klasse 10c. Finanzielle Unterstützung gab es vom Heinz-Kühn-Bildungswerk Dortmund und dem Deutschen Bundestag. Begleitet wurde die Gruppe von den Lehrern Ulrich Kind, Isa Tappenhölter und Volker Brockhoff.
Am Tag nach dem Gespräch mit der Zeitzeugin hatten die Jugendlichen die Gelegenheit das Leben von Inge Deutschkron noch einmal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Im Grips Theater besuchten sie das Theaterstück „Ab heute heißt du Sara“, welches auf den Lebenserinnerungen der Zeitzeugin basiert. Den Abschluss der Studienfahrt bildete ein Besuch im Bundestag auf Einladung der Abgeordneten Sevim Daðdelen. In einem einstündigen Gespräch beeindruckte die streitbare Politikerin die jungen Leute vor allem durch ihre Lebensgeschichte, die von Jugend an durch politisches und soziales Engagement geprägt ist. Unabhängig von ihrer eigenen politischen Sichtweise machte sie den Jugendlichen deutlich, dass gesellschaftliches Engagement wichtig ist und auch etwas bewegen kann.

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